Der Historiker und Theologe Bernd Aretz stellt in seinem Vortrag den jüdischen Religionsphilosophen und Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels Martin Buber (1878 – 1965) vor. Zunächst beschreibt er kurz Bubers Lebens-Stationen von Wien und Galizien über Deutschland nach Jerusalem.
In einem zweiten Teil geht er auf den Kern seines Denkens ein, das heute hoch aktuell ist. Es geht darum, wie Menschen zu einem echten Gespräch und tiefer Begegnung finden können, wie sie in einer Zeit der wachsenden Konflikte aus einem inneren Frieden heraus leben und handeln können
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Dr. Bernd Aretz verstand es, uns den Werdegang und die Wirkmächtigkeit von Martin Buber zu vermitteln. Der Mutterverlust im Alter von vier Jahren bewirkte in ihm ein reges Suchen nach Sinn und Antwort. Er blieb zeit seines Lebens feinfühlig. Der Mensch benötigt ein Gegenüber, das sein Ich-Sein auffängt. Die eigene Identität (das Ich) macht sich fest am Du. Das Ich benötigt ein Du, um zur Erfüllung zu gelangen. Das Du kann auch ein Tier sein; bei dem elfjährigen Martin war es das Lieblingspferd, das er streichelte. Die Zuneigung wurde so lange erwidert, wie sie selbstlos war. Sie wurde aber dann durch das Pferd verweigert, wenn Martin aus Selbstsucht handelte. Liebe und Zuneigung sind selbstlos.
Martin Buber konnte rechtzeitig nach Palästina (Israel) auswandern, wo er sich für die friedliche Koexistenz von Muslimen und Juden einsetzte. Schon vor Beginn des Vortrags war durch Gesprächsteilnehmer die problematische Situation in Nahost beklagt worden. Bernd Galluschke wies darauf hin, dass belastende Erfahrungen an die nächsten Generationen weitergegeben werden können. In der Epigenetik wird diese Beobachtung seit langem vertreten. Traumatische Eindrücke finden ihren Weg ins Erbgut und erreichen somit auch die nachfolgenden Generationen. Rationale oder politische Lösungen können nur flankierend sein. Eine Befreiung von der Erblast kann am ehesten auf dem von Buber praktizierten Weg geschehen: jeden als ein Gegenüber, ein Du, sehen und in Echtzeit eine neue, positive Erfahrungswirklichkeit aufbauen, die die durch die Vorfahren eigetragenen Prägungen verschwinden lässt.
HJH